Sehr geehrter Herr Kollege
ich verfolge gespannt und sehr beeindruckt Ihre Aktivitäten zum Thema ELGA.
Ich bin froh über das Statement der Ärztekammer, die sich klar gegen die zentrale Speicherung der Daten ausspricht. Also auch gegen die Speicherung bei der Ärztekammer selbst! Ich finde es auch gut, wenn wir als praktische Ärzte uns da einbringen und dabei mit möglichst vielen anderen Gruppen im Gesundheitssystem kommunizieren - so wie das ja immer wichtiger Bestandteil unserer Arbeit ist.
Ich befürworte jede Möglichkeit,
besser und vor allem schneller!! mit zB Spitälern zu
kommunizieren - und würde mich gerne für ein Projekt mit dem Krankenhaus Hietzing einsetzen, um zu sehen, ob es nicht ähnlich wie im
SMZ Ost einen Weg geben kann, dass wir die Schnittstellenproblematik, vor allem
bei Entlassungen, aber auch bei den geplanten Aufnahmen, besser in den Griff
bekommen.
Ich finde auch die Idee mit der
Homepage gut - ich weiß, dass man da viel Zeit reinsteckt!
Deshalb melde ich mich jetzt auch kritisch - und teile Ihnen hier
meine Gedanken und auch die Gefühle, "wie's bei mir angekommen
ist" mit- nicht als prinzipiell dagegen sein, sondern als konstruktive
Kritik gedacht. Ich habe nämlich derzeit das Gefühl, dass die Seite an Seriosität und Glaubwürdigkeit
durch die Art der Darstellung mancher Dinge verliert. Sie sagen
ja selbst, es soll eine _positive_ Initiative sein, in der wir als an der Basis
tätige "Hackler" unsere Erfahrungen
einbringen.
Wenn ich beginne, mich auf der Seite umzusehen, habe ich aber das Gefühl, dass
hier ironisch-zynisch, manchmal aggressiv argumentiert wird - ich denke das
verträgt sich nicht mit dem Grund-Anliegen der Seite und ist in manchen Fällen
dazu geeignet, ihre Glaubwürdigkeit massiv in Frage zu stellen.
ich darf zitieren: (Zitate in blau und kursiv)
"wer wir sind".
das bürokratische Monsterprojekt ELGA auf ein verträgliches
Maß reduzieren wollen.
Wir haben beschlossen, die Sache selbst in
die Hand zu nehmen.
Alle anderen werden irgendwann..."wonder what has happened"
Und viele weitere ähnlich Äusserungen - es klingt für mich einfach aggressiv,
ablehnend, feindlich, nach "wir sind gegen alles"... und meine
Befürchtung ist, dass wir uns damit selbst ins Abseits stellen
"wir wollen"
vor
allem wird auch die Hauptlast an Arbeit, Investitionen und Kosten für
laufenden Betrieb an den Ärzten hängen bleiben
wird nicht auch vieles leichter?
"Motivation"
gefährlichen
Drohungen - hoffentlich noch in weiter Ferne
und wir hoffen da "noch ein
Wörtchen mitreden" zu können;
auffällig ist auch wie
"präsent" die Ärztekammer bzw. Ärzte dabei sind !!!:
extrem emotional, eindeutig zynisch gemeint das "präsent", wozu drei
Rufzeichen - wenn nicht als Ausdruck von Emotionalität - doch nicht etwa von
Sachlichkeit?
alleine
diese Aussage sollte für den Rücktritt dieses Herren reichen
!
warum? (selbst wenn man dieser Meinung sein sollte - wo wird dies
argumentiert? Der obige Satz ist nur eine emotionale Behauptung, als Leserin
hab ich das Gefühl, ich soll mich da einfach anschließen bzw
eine andere Meinung wäre ja gar nicht denkbar)
"Gedanken"
beruht der
vorhergesagte phantastische Einsparungseffekt
"phantastisch" wirklich gemeint oder zynisch? falls zynisch - was hat
das auf der HP zu suchen?
Die zitierten "Reaktionen"
sind rein negativ – gibt es andere? Ist das alles? Sind die Schreiber der Mails
gefragt worden, ob ihre Texte veröffentlicht werden dürfen? Ich nehme an ja -
aber wieso steht das nicht deutlich auf dieser Seite?
"Traum"
nun, komischerweise ist es gerade eine Diabetikerin, die da beschrieben wird -
vielleicht deshalb, wiel es viele Diabetiker gibt, die
ihre Stoffwechselstörung mit Palms und Internet managen?
Ich betreue lt Foko-Brief-Statistik
überduchschnittlich viele ältere und hochbetagte Patienten, in den Patientengruppen der unter
50-Jährigen habe ich deutlich weniger Patienten als der Durchschnitt. Wir
fragen an der Anmeldung routinemäßig nach Email-Adresse und stellen fest, dass
überraschend viele, gerade ältere Leute, eine haben und verwenden. Die bitten
wir dann, wenn sie das mögen, ihre Termine usw. per Mail zu
vereinbaren - was unter dem Gesichtspunkt, dass das dauernde Kingeln des Telefons einfach alle anderen Patienten, die
gerade vor der Assistentin stehen, stört, allen einsichtig ist und was sehr
gerne angenommen wird.
Ich habe auch viele Patienten, die "mir
ihre Blutzucker-Tagebücher" über Mail schicken, und denen ich "kurz rückmaile, ob ein persönlicher Termin nötig ist".Den Termin vereinbaren wir dann in 2, , 3 Hin-und -Her-mails
- ist mir viel lieber als ein bimmelndes Telefon! Viele Diabetiker nutzen ihre
"mobilen Endgeräte" Smartphones, Blackberrys oder Handys zum Erfassen ihrer BZ-Werte, an der
meiner Meinung nach besten Software dafür, sidiary,
hab ich mitgearbeitet. Im Netz gibt es ausgezeichnete BE-Listen
und Rezepte - bzw bei sidiary
ist auf der Version für Handhelds und PC sowie auf der USB-Stick-Version
bereite eine umfangreiche, selbst editierbare BE-Tabelle
integriert und damit jederzeit für den Diabetiker verwendbar - bis hierher: was
soll dran schlecht sein? Und vor allem: die Leute tuns
ja ohnehin schon!! Ich versteh bloss nicht wieso sich
das die ELGA-Initiative zuschreibt... das ist einfach
von selbst gewachsen, Diabetiker haben sich ihre Homepages selbst gemacht , gerade die besten davon wie www.diabetesinfo.de - da steckt kein Groschen Firmengeld drin. Sidiary wurde genauso wie das Konkurrenzprodukt diabass von Typ 1-Diabetikern entwickelt!
Auch Bewegungs-und Abnehmpläne gibts
schon in sehr guter Qualität im Netz, u.a. von Prof Pudel, mit persönlicher E-Mail-Betreuung, mit guten
Foren zum Gedanken- und Erfahrungs-Austausch - auch hier: nichts Neues!
Über neue Blutzucker-Messgeräte und Pens berichtet jede halbwegs aktuelle und
seriöse Diabetes-Seite. klar informieren sich die Leute da.
Und auch Informationen über neue Behandlungsarten gibt es von vielen Ärzten und
Unis... ist doch alles ohnehin schon da und wird genutzt...
Terminvereinbarungen rund um die Uhr bietet zB das "Mednanny"-System in Österreich
bereits seit Jahren an - ich mach es derzeit (noch) über Mail. und
natürlich geschehen solche Termin-Vereinbarungen auch nachts, so wie ich jetzt
schreibe - weil die Leute da Zeit haben, ihren privaten Alltag zu planen.
Viele Leute haben auch bereits ihre Befunde und Arztbriefe eingescannt - bei
weitem nicht nur die Diabetiker - und bringen die auf CD oder USB-Stick mit.
Magister Wallner, der Apotheker in der Breitenfurter
Strasse, reagiert prompt auf Mails und man kann per Fax oder Mail Medikamente
vorbestellen.
Auf www.impf.at gibt es Informationen welche Impfungen wo
nötig sind und klar informieren sich viele Leute übers Internet über ihr
Reiseziel.
Es steht ja nirgends, dass die 85jährige Dame das auch so handhaben muss - aber
ich find es fein, dass es die Möglichkeiten gibt und freue mich über jeden
weiteren Ausbau.
Daher verstehe ich einfach die
Kommentare "und wie es dann wirklich aussehen
wird" nicht. Ich
weiß nicht - soll dieser Text witzig sein? Warum soll ich mir denn die Daten
meiner Patienten nicht ansehen? Ich vereinbare mit ihnen, wer mir wann die
Daten schickt und wieviel Zeit ich dafür aufwende,
entscheide ich. Ich muss mein Handy aufladen , Pumpenträger haben Batterien für
die Insulinpumpe immer dabei, ich bin nicht sicher wie
"professionell" Bewegungspläne für eine Typ1-Diabetikerin bei
mir ausfallen würden - und ich finde, das ist auch gar nicht meine
Aufgabe. usw. usw. usw
Mein Fazit:
wenn ich vesuche,
die HP "mit den Augen einer Aussenstehenden"
zu sehen, fühle ich mich von dem Ärger und Zynismus, der sich in vielen
Adjektiven, doppelt und dreifachen Rufezeichen und in so manchen Texten
ausdrückt, brüskiert und zurückgestossen. Wenn
ich es sehr hart formuliere - in mir entsteht ein wenig der Eindruck einer Querulantentruppe,
die "prinzipiell gegen alles mit Computer" ist.
Dabei gehen die positiven Seiten der HP fast unter - die
exzellente Sammlung an Dokumenten, z.B. auch der Bericht über das "Go IN" in Bayern... !
Ich nehme an, dass das vor allem
daher kommt, dass im Internet vieles "schärfer" wahrgenommen wird als
im persönlichen Gespräch -und dass Bemerkungen, die im "real life"
einfach lustig wirken, gedruckt schon sehr scharf daher kommen - einfach weil
alle Nuancen des Ausdrucks wegfallen.
Ich hab in den Quellcode der Seite
geschaut, da werden die Suchmaschinen nirgends ausgeschlossen - also ist die
Seite auch "öffentlich" im Netz und es ist nur eine Frage der Zeit,
wann die Robots von google, usw. wieder vorbeischaut, bis sie auch über die
Suchmaschinen erreichbar wird.
Ich finde die "Initiative
ELGA" wichtig, insofern sie sich auf den Datenschutz und die
Verwirklichung von tatsächlich brauchbaren E-Health-
Anwendungen bezieht. Die HP mag ich in der derzeitigen Form nicht.
Ich freu mich drauf, heute Abend beim
Treffen zum Thema Datensicherheit dabei sein zu dürfen,
mit lieben Grüßen
Susanne Pusarnig
--
www.pusarnig.at
www.diabetespraxis.at
www.diabetesweg.at