“Kammerinitiative 0,3 %“  in der Wiener Ärztekammer   :   Positionspapier ( 18.3.2007 ) zu „E-Health“ und „ELGA“:

 

Elektronische Verwaltung und Übermittlung sensibler personenbezogener medizinischer Daten bedeuten für den Patienten die Gefahr des Verlustes seiner datengeschützten Integrität. Nach Belieben können gesundheitsrelevante Daten, sobald sie elektronisch zentral archiviert und verwaltet werden, politisch sowie am Arbeitsmarkt zum Nachteil des Patienten verwendet werden.

Für die Wiener Ärztinnen und Ärzte bedeutet die elektronische Verwaltung und Übermittlung von gesundheits- und krankheitsbezogenen Patientendaten nicht nur einen Eingriff in die Privatsphäre der Patienten sondern gleichzeitig auch die Gefahr der Schaffung des gläsernen Arztes, dem als nächster Schritt eine leicht kontrollierbare Richtlinienmedizin vorgeschrieben wird mit den möglichen Folgen von Regresszahlungen bis hin zu Vertragsverlust bei Abweichen des Arztes von den vorgegebenen diagnostischen und therapeutischen Richtlinien.

Die optimale Anwendung von definierten und regulativ vorgegebenen Therapierichtlinien würde dann in letzter Konsequenz gar keiner Ärzte mehr bedürfen, ja sogar ein im Umgang mit der Therapie-Datenbank geschulter Angestellter einer Krankenversicherung könnte nach Einlangen der Diagnose ein elektronisches Rezept an den Patienten versenden, ein Szenario, dem wir uns wohl alle verschließen möchten.

In den Medienberichten der letzten Wochen ist deutlich sichtbar geworden, wie leicht der Missbrauch medizinischer Daten möglich ist.

Noch ist die oberste Datenschützerin der Republik, Frau Hofrat Dr. Kotschy, sehr bemüht, den Datenschutz der Österreicherinnen und Österreicher sicherzustellen, doch schon wird eine Gesetzesänderung angedacht, in der die sensiblen patientenbezogenen Daten in jedem Fall elektronisch übermittelt und verwaltet werden dürfen, außer der Patient verweigert schriftlich diesen Datentransfer. Welcher Patient wird aber zum fraglichen Zeitpunkt schon wissen, was er im Anlaßfall zu tun hat um seine Daten zu schützen? Was passiert wenn er bewusstlos ist?

Bis heute ist die gesetzliche Regelung derart, daß Patienten ausdrücklich zustimmen müssen, damit Ihre Daten elektronisch gespeichert oder übermittelt werden dürfen. Die Kammerinitiative 0.3% tritt massiv für die Beibehaltung dieser bisherigen gesetzlichen Regelung zum Schutz der Patienten und der Wiener Ärztinnen und Ärzte ein.

Die Kammerinitiative 0.3% war in der Wiener Ärztekammer nachweislich die einzige Fraktion, die sich gegen die Einführung der e-card auf Kosten der Wiener Ärztinnen und Ärzte (und somit zum Vorteil der Wirtschaft) gewehrt hat. Die Krankenkassen sparten sich mit der Einführung der e-card auf Kosten der Ärzte und Patienten die Kosten für die Verwaltung von Krankenscheinen etc. Die täglichen Belastungen durch vermehrten Personaleinsatz, vermehrte Kosten für elektronisches Equipment und vieles mehr werden ausschließlich auf dem Rücken der Wiener ÄrztInnen (ohne adäquate kostendeckende finanzielle Abgeltung) ausgetragen. Die bisherigen Verantwortlichen in der Wiener Ärztekammer, allen voran die „Vereinigung“, haben dem jedoch zugestimmt.

Die Kammerinitiative 0.3% sieht in den Plänen zur Einführung der elektronischen Krankenakte, ELGA, eine weitere Gefahr der Durchlöcherung des patientenbezogenen Datenschutzes, sowie die Gefahr von zusätzlichen Kosten für die Wiener Ärztinnen und Ärzte, da die Profiteure von ELGA höchstwahrscheinlich nur die großen IT- Anbieterfirmen sein werden.

Die Kammerinitiative 0.3% fordert daher im Zusammenhang mit e-health und ELGA, daß:

·       unter Federführung der Wiener Ärztekammer umgehend eine öffentliche Diskussion über die ELGA eröffnet wird, um zu verhindern, daß es durch deren Einführung zu einer nachteiligen Entwicklung für die Wiener Ärztinnen und Ärzte und deren anvertrauten Patienten kommt,

·       unter Federführung der Wiener Ärztekammer eine öffentliche Diskussion über die Einhaltung des Datenschutzes bei personenbezogenen medizinischen Daten eingeleitet wird,

·       eine Klarstellung erfolgen muß, auf welche Art der Datenschutz für die Patienten eingehalten werden kann,

·       die Wiener Ärztekammer sich massiv gegen eine zentrale Archivierung sensibler personenbezogener medizinischer Daten verwehrt, da dadurch der Missbrauch dieser Daten deutlich erleichtert werden würde,

·       medizinische Daten nur zwischen Ärzten, unter Anwendung der besten Verschlüsselungen (Enkryptierungen) übermittelt werden und nur in der gesicherten Umgebungen ärztlicher Einheiten dezentral gespeichert werden dürfen,

·       für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Wien keine weiteren zusätzlichen Kosten für e-health etc. erwachsen dürfen, ja vielmehr die bisherigen aufgelaufenen Kosten zumindest teilweise von den Auftraggebern abgegolten werden müssen.

 

 

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