INFORMATION über die HONORARSITUATION von ÄRZTE FÜR
ALLGEMEINMEDIZIN MIT ALLEN KASSEN
(letztes Update: 31.5.2009)
Ärzte für Allgemeinmedizin, auch „Praktische Kassenärzte“ oder HAUSÄRZTE genannt, sind selbständig Kleingewerbetreibende.
Sie kommen für alle Ausgaben
selber auf:
z.B unter anderem: Raummiete, Strom, Heizung,
Telefon, Innenausstattung, Angestellte, Angestelltenversicherung, Büromaterial,
Computeranlage, Softwareprogramme für die Computerfunktion, Auto, Benzin,
Sondermüllentsorgung, (Medikamente,
Nadeln, etc) , Dauerkanülen, Infusionsmaterial,
Notfallkoffer, Laborgeräte, EKG-Gerät, Fortbildungen, Vertreterhonorare,etc.
Von der KK bekommen sie diverse Mindestmengen an Verbandmaterial
Desinfektionsmittel, Spritzen, Nadeln, Tupfer und Ampullen für den Notfall.
Für die geleistete Arbeit bekommen sie von den Krankenkassen, je
nach gesteckten E-Cards, pro Patient und Abrechnungszeitraum, ein Honorar für Leistungen für deren Versicherte.
z.B. : Wiener
Gebietskrankenkasse (siehe Tarifkatalog Allgemeinmediziner/Kassenärzte
für ärztliche Leistungen der Wiener Gebietskrankenkasse ab 1. Jänner
2009 bzw.
Tarifkatalog Kassenärzte für ärztliche Leistungen der
Wiener Gebietskrankenkasse bis Ende 2008 ):
Tarife ab 1.1.2009 (bis Ende 2008 in Klammer):
Fallpauschale für einen
WGKK-Patienten für 3 Monate: 18,10 (17,96)
+ „Hausarztzuschlag“ 8,75 (7,75) : Gesamt: 26,85 (25,71) Euro
Krankenbesuch: 37,- (29,72) Euro
i.m.-Spritze: 2,64 (2,60)
EKG: 21,78 (21,25) Euro
Infusion: 13,20 (13.- ) Euro
Blutabnahme: 4,62 (4,55)
Das durchschnittliche
Gesamt-Fallpauschale inklusive aller erbrachten Leistungen für einen Allgemeinarzt in Wien betrug im 3.
Quartal 2008 40.- (3. und 4. Quartal
2006 35.- ) Euro für das gesamte Quartal (3 Monate !).
Die durchschnittliche Anzahl an
Gebietskrankenkassen-Patienten einer Wiener Praxis ist etwa 800 pro Quartal.
Allerdings gibt es auch viele kleinere
Praxen mit hoher Behandlungsqualität, deren Gewinn auf Grund der hohen und ständig steigenden Fixkosten, weit
geringer ist oder die überhaupt keine
Gewinne mehr machen. Umgekehrt
können „große“ Praxen auch rel. hohe
Gewinne machen, bei auf Grund des Systems der Honorierung durch Fallpauschalen
nur geringem Betreuungsaufwand. Somit wird die Qualität der ärztlichen
Behandlung (Zeitaufwand) durch das Honorarsystem limitiert. (siehe dazu auch „Neue Wege: Zahlungsmethoden und ihre Auswirkungen auf
ärztliche Leistungen“ (aus
„Soziale Sicherheit“, Juni 2007, Herausgeber HV der österr. SV)
Kurzfassung )
Rechenbeispiel
Jahresumsatz eines WGKK-Allgemein-Kassenarztes:
800 x 40 (35) x 4 =
128.000.- (112.000.-)
Euro Einnahmen brutto;
alle Honorare werden in der Buchhaltung in den Einnahmen zusammengezählt, davon
werden alle Ausgaben abgezogen und von dem Rest müssen Steuern gezahlt werden.
dann bleiben etwa netto 20 bis 28 % der
Honorarsumme als Gewinn
25.600.- bis 35.840.-
(22.400.- bis 31.360.- ) , d.h.
für einen Hausbesuch, für den der Arzt etwa 37.- (29) Euro Honorar bekommt, bleiben etwa 6 bis 9
Euro netto für den Arzt über. Das
ergibt, im Durchschnitt (!), ein
monatliches, mit einem Angestellten vergleichbares (/14):
Nettoeinkommen von
1.600.- bis 2.400.- Euro, bei manchen kleineren Praxen auch
deutlich darunter, sodass durch Zweit- und Drittjobs neben der Kassenpraxis das
wirtschaftliche Überleben gesichert werden muß.
Bestätigungen, Privatrezepte, Vitamine, Homöopathie, Impfungen,
Reisemedizin, etc. sind Privatleistungen,
die von den KK nicht bezahlt werden.
Häufig werden diese für „Stamm-Patienten“ als Service unentgeltlich durchgeführt .
Manche Leistungen werden von den Krankenkassen nur einer gewisse Anzahl honoriert, das nennt man Deckelung:
z.B. das ärztliche Gespräch ( 11,11 Euro) wird maximal für 18%
aller Patienten in einem Quartal honoriert.. Alle längeren Gespräche,
die der Arzt darüber hinaus führt,
werden von der Krankenkasse nicht honoriert.
In den letzten Jahren stieg, aus verschiedenen Ursachen
(Dokumentationsumfang, medizinischer Fortschritt, etc)., vor allem aber
seit Einführung der E-Card und in der Folge des ABS
(Arzneimittel-Bewilligungs-Systems) der bürokratischen
Aufwand und die Kosten für
EDV-Systeme in den Ordinationen massiv und wurde bisher in
jeder Form von den
niedergelassenen Kassen-Ärzten ohne adäquaten Ausgleich bei der Honorierung geleistet.
Das sogenannte ABS=
Arzneimittelbewilligungssystem hat den Allgemeinmedizinern sehr viel Arbeit
und sehr viel Ärger über abgelehnte Rezepte, die dann elektronisch oft
mehrmals, eingereicht werden müssen, mit
neuerlichen Begründungen, Befunden, etc. gebracht. Früher ist der Patient selbst zur Krankassen
gegangen und hat dort bewilligen lassen, jetzt sitzt der Arzt oder die
Ordinationshilfe außerhalb der Ordinationszeit stundenlang beim Computer und
sendet Ansuchen für chefarztpflichtige Medikamente ,
um sie für den Patienten bewilligt zu
bekommen ( oder eben in vielen Fällen auch nicht !) , was der Patient oft
nicht einmal bemerkt.
Abgesehen davon gibt es dafür keinen Cent Honorar.
Das alles soll nur demonstrieren, warum jeder einzelne Arzt eine
gewisse Mindestanzahl von Patienten
benötigt und sich diesen nur eine begrenzte Zeit pro Patient widmen kann („3-Minuten-Medizin“) , um
wirtschaftlich überleben zu können. Es soll auch zeigen, daß
die Zeitungsmeldungen und sonstigen Gerüchte über die „reichen Ärzte“ völlig
falsch sind.
Es gibt auch reiche Ärzte, genauso wie es reiche Angestellte und
durchschnittliche Angestellte, Kaufleute etc. gibt.
Falls Sie mit der ärztlichen Versorgung, bzw. mit Ihrem Hausarzt
zufrieden sind, können Sie ihn mit Ihrer Unterschrift und mit Ihrem Verständnis
unterstützen.
Andernfalls könnte es sein, daß Ambulante
Versorgungszentren gegründet werden, wo immer ein anderer – angestellter -
Arzt sitzt, wo keine Hausbesuche gemacht werden können, wo es für die meisten
Patienten längere Anfahrtswege geben wird. Dort wird es dann auch einen
Haustechniker geben, der statt dem Arzt selbst
die Glühbirnen austauscht, ein Putzteam, das
statt ihm das Klopapier wechselt und die Blumen pflegt.
Es gibt wahrscheinlich auch nur mehr die billigsten Medikamente,
eine anonyme Richtlinienmedizin – und nebenbei noch ein paar arbeitslose nicht
vermittelbare praktische Ärzte zwischen 45 und 65.